Audi RS4 Avant: „66 Jahre Döner“
Grünphasen sind nicht die Sache des Audi RS4 Avant. Viel zu schnell ist man beim unbedachten Tritt aufs Gaspedal bei Tempo 50 und steht an der nächsten Ampel schon wieder vor einem roten Licht. Obwohl der reinrassige Sportwagen in der Verkleidung eines Kombis eigentlich beide Disziplinen beherrscht: gemütlich brabbelnd dahingleiten und katapultartig losspurten, selbst wenn die Straße bergauf führt.
In jedem der Fahrmodi „Auto“, „Comfort“ oder „Dynamic“ schnellt die Drehzahl in den roten Bereich, wenn man es darauf ankommen lässt. Zwei spezielle RS-Modi lassen individuelle Feinabstimmungen zu, inklusive besonders präsentem Auspuffsound. Manche nennen es Lärm. Im Grunde gehört der Audi mit 331 kW/450 PS starkem V6-Biturbo-Benziner und seinem breit gefächerten fahrdynamischen Spektrum auf die Rennstrecke. Bei einer weiten Anfahrt dorthin passt auch das Reisegepäck in den fast 500 Liter großen Kofferraum. Der RS4 ist immer ein Avant.
Wer braucht so was?
In einer Zeit, in der viel über Verkehrswende gesprochen wird, machen wir die Probe aufs Exempel und hören uns in der Zielgruppe der Fridays-for-Future-Bewegung um. „So ein Auto kauft doch heute keiner mehr“, ist da zu erfahren. Aber auch große Begeisterung unter jungen Leuten zwischen 15 und 25 Jahren. Der RS4 eckt an und weckt Emotionen. Kalt lässt er kaum jemanden.
Definitiv ist der turboblaue Allrad-Flitzer ein Auto für Menschen, die einfach Spaß an solch einem vierrädrigen Spielzeug haben. Allen anderen geht er mit seiner leicht aggressiven Attitüde vielleicht sogar auf die Nerven. Dass er genausowenig ein ökologisches Fortbewegungsmittel ist wie etwa ein elektrischer Porsche Taycan, lässt sich mit einem zugedrückten Auge verschmerzen. Knapp elf Liter Praxisverbrauch sind nicht wenig, aber ein kräftiger Löwe will auch gefüttert werden.
Auf der Straße ist und bleibt der RS4 ein seltener Anblick. Um die Massen zu bewegen, taugt er alleine wegen seiner Anschaffungskosten nicht. Die Preisliste startet bei 83.000 Euro. Mit einem der stärkeren Diesel-A4 kommt man ein paar Zehntausender günstiger, auf der Autobahn aber kaum langsamer voran. Edel-Extras wie die bissig zupackende RS-Keramikbremsanlage (6.000 Euro), Optik-Paket mit Carbon und schwarz glänzenden Elementen (4.000 Euro), RS-Dynamikpaket mit Matrix-LED-Scheinwerfern (5.900 Euro) oder schwarze 20-Zoll-Leichtmetallräder (2.300 Euro) treiben den Preis in die Höhe. Die Frage, was der Testwagen auf den Fotos denn nun koste, beantworten wir unseren mitfahrenden Probanden mit der stolzen Summe von 120.180 Euro.
Kurze Pause, dann tönt es von der Rückbank: „Okay, das sind fast 66 Jahre Döner jeden Tag.“ Junge Menschen haben manchmal ihre ganz eigenen Vorstellungen, was sich mit viel Geld anstellen ließe.
Daten Audi RS4 Avant
Motor: 2,9-l-Sechszylinder-Turbobenziner, 331 kW/450 PS, 600 Nm bei 1.900–5.000/min
Antrieb, Getriebe: Allrad, Achtgang automatisch
0–100 km/h, Spitze: 4,1 s, 280 km/h
Norm-/Testverbrauch: 9,7 (WLTP)/10,9 l S
CO2-Ausstoß Norm/Test: 224 (WLTP)/253 g/km
Länge x Breite x Höhe: 4,78 x 1,87/2,02 x 1,44 m
Radstand, Wendekreis: 2,83 m, 11,7 m
Kofferraum: 495–1.510 l
Leergewicht, Zuladung: 1.820 kg, 530 kg
Anhängelast: 1.900 kg
Stützlast, Dachlast: 80 kg, 90 kg
Tankinhalt: 58 l
Typklassen KH/VK/TK: 16/27/30
Grund-, Testwagenpreis: 83.000 Euro, 120.180 Euro
Modell verfügbar ab: 83.000 Euro
Auswahl Basis-Serienausstattung: Sechs Airbags, Spurwechselwarner, City-Notbremsassistent, Tempomat, LED-Scheinwerfer, LED-Heckleuchten mit dynamischem Blinklicht, Frontscheibe mit Akustikverglasung, Sitzheizung vorne, Vordersitze elektrisch einstellbar, Alcantara-Leder-Sitze, Klimaautomatik, Gepäckraumklappe elektrisch, 19-Zoll-Leichtmetallräder