Daimler-Musterfeststellungsklage: Beweise gesucht
Mit einer Musterfeststellungsklage will der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erreichen, dass der Autokonzern Daimler Dieselfahrern bestimmter GLK- und GLC-Modelle Schadenersatz für einen zu hohen Abgasausstoß zuspricht.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat am 7. Juli beim Oberlandesgericht Stuttgart eine Musterfeststellungsklage gegen den Automobilhersteller Daimler eingereicht. Anlass der Klage sind Rückrufe des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) von Mercedes-Benz-GLK- und -GLC-Modellen der Baujahre 2012 bis 2017. Die zurückgerufenen Modelle haben einen Dieselmotor des Typs OM651 und verfügen laut KBA über unzulässige Abschalteinrichtungen zur Emissionsreduktion. Mit dem Einbau solcher Vorrichtungen stellen Hersteller sicher, dass die zulässigen Abgasgrenzwerte während der Typengenehmigung im Prüfmodus eingehalten werden – während die Werte im Straßenbetrieb meist höher ausfallen.
Stilllegung droht
Obwohl in Deutschland von den KBA-Rückrufen insgesamt rund 254.000 unterschiedliche Mercedes-Modelle mit verschiedenen Dieselmotoren betroffen sind, konzentriert sich der VZBV in der Musterklage auf rund 50.000 SUV-Modelle des GLK und seines Nachfolgers GLC. Den Verbraucherschützern zufolge drohe diesen Fahrzeugen ohne das Aufspielen eines behördlich verpflichtenden Software-Updates die Stilllegung. Denn obwohl Daimler zunächst zusagte, die Rückrufe des KBA umzusetzen, geht der Konzern mittlerweile juristisch dagegen vor. Viele Verbraucher erhielten ihre Rückrufe aber schon im Jahr 2018, deren gesetzliche Verjährung mit Ablauf des Jahres 2021 endet. Durch die Beteiligung an der Musterklage könnten Verbraucher die Verjährung verhindern, auch wenn das Software-Update bereits aufgespielt wurde. Der Motortyp OM651 ist im GLK in den Modellen 200 CDI, 220 CDI, 220 CDI 4Matic, 220 Bluetec und 250 Bluetec enthalten. Im GLC kommt er in den Modellen 220d 4Matic und 250d 4Matic vor.
Viele Verbraucher zogen bislang in Einzelklagen gegen Daimler vor Gericht. In zahlreichen Gerichtsurteilen gingen sie aber leer aus. Meist lieferten die Kläger zu wenig Beweise, dass Daimler mit den bemängelten Abschalteinrichtungen tatsächlich sittenwidrig und vorsätzlich seine Kunden täuschen wollte. Daimler selbst hält die geltend gemachten Ansprüche für unbegründet. Auf seiner Website erklärt der Hersteller, dass die deutschen Land- und Oberlandesgerichte bisher in rund 95 Prozent der Fälle zugunsten des Herstellers entschieden hätten, und sieht sich auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes (VI ZR 128/20) vom 13. Juli weiterhin im Recht. Dabei stellte der BGH fest, dass aus dem Vorhandensein eines sogenannten Thermofensters alleine kein Anspruch auf Schadenersatz wegen sittenwidriger Schädigung hergeleitet werden könne. Sittenwidrigkeit sei nur dann gegeben, wenn Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen ließen.
Auf Nachfrage des ARCD beim VZBV erklärte ein Sprecher, dass dieser Teil der Entscheidung des BGH für die Musterklage aber nicht von Belang sei. Die Klage stütze sich vielmehr auf die Verwendung der Abschalteinrichtungen, die das KBA in den Rückrufen bemängelt habe, während es zum Thermofenster keine Rückrufe gäbe. Der VZBV erwarte sich vom OLG Stuttgart die Feststellung, dass die vom KBA gerügten Abschalteinrichtungen von Daimler verwendet wurden und das vorsätzlich und mit sittenwidriger Schädigungsabsicht geschehen sei. Dies seien die Voraussetzungen für einen generellen Schadenersatzanspruch.
Der Eintrag ins Klageregister ist für betroffene Verbraucher beim Bundesamt für Justiz einige Wochen nach Klageerhebung möglich.
Weitere Informationen auf: www.musterfeststellungsklagen.de/daimler
Titelfoto: Daimler