Kindertransport mit dem Velo
Schule, Kita, Kinderturnen, Familienausflug. Für den Weg dorthin muss es nicht immer das Auto sein. Das Fahrrad wird als Fortbewegungs- und Transportmittel für die ganze Familie immer populärer – nicht nur während der Corona-Krise. Ob Lastenrad, Anhänger, Tandem oder Kindersitz: Wir stellen Ihnen verschiedene Möglichkeiten vor, wie der Nachwuchs als Passagier auf dem Velo mitfahren kann.
Während der Corona-Zeit nutzen die Deutschen das Fahrrad häufiger, wie aktuelle Umfragen belegen. Laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) kann davon ausgegangen werden, dass somit auch Kinder öfter mit dem Fahrrad transportiert werden. Doch schon vor Corona lag Radeln im Trend: „Allgemein nehmen die Zahlen der Personen, die ihre Alltagswege mit dem Fahrrad zurücklegen, in den letzten Jahren kontinuierlich zu. Damit steigt auch die Zahl der Personen, die ihre Kinder mit dem Rad transportieren“, sagt Tobias Klein vom Arbeitsbereich Mobilität am Deutschen Institut für Urbanistik. Konkrete Zahlen zum Personentransport mit dem Fahrrad findet man im Fahrradmonitor 2019, in dem die Ergebnisse der repräsentativen Bevölkerungsumfrage im Auftrag des BMVI verzeichnet sind: 17 Prozent der Befragten befördern demnach Personen mit dem Velo. Am beliebtesten ist der Kindersitz: 46 Prozent greifen darauf zurück. 43 Prozent nutzen einen Anhänger und 20 Prozent ein Transportrad.
Lastenräder im Trend
Gerade Letzteres sehen Experten auf dem Vormarsch, auch wenn es sich dabei noch um ein Nischenprodukt handelt – im vergangenen Jahr wurden laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) 21.550 Lastenräder ohne E-Antrieb und 54.400 mit E-Antrieb verkauft. „Insbesondere in den Großstädten ist der Trend jetzt schon zu beobachten. Aber dieser Trend wird sich auch auf die ländlichen Räume übertragen, insbesondere durch E-Transporträder“, sagt Tobias Klein. Diesen Boom kann Kai Dreher, Sales Manager beim Lastenradhersteller Yuba, bestätigen: „Das, was wir vor fünf Jahren jährlich europaweit verkauft haben, verkaufen wir jetzt ausschließlich im deutschsprachigen Raum.“ Gründe dafür seien, dass viele Menschen das Lastenrad für trendy, praktisch und umweltbewusst halten und daran Spaß und Nutzen entdecken. „Ein Lastenrad hat die Anschaffungskosten im Vergleich
zum ÖPNV nach zwei bis drei Jahren amortisiert. Und dabei bleiben die Leute fit und gesund“, erklärt er.
Hinzu komme, dass Bund, Länder und Kommunen mit mehreren Projekten den Einsatz von Lastenrädern fördern. Einen Kaufprämien-Überblick fin-den Interessenten unter www.cargobike.jetzt. Auch bei der StVO-Novelle, die im April in Kraft getreten ist, wurde an die Radfahrer gedacht. Seitdem dürfen Personen von mindestens 16 Jahre alten Fahrern mitgenommen werden, wenn die Fahrräder zur Personenbeförderung gebaut und eingerichtet sind (§21 Abs. 3). „Dies bedeutet, dass entsprechende Sitzplätze vorhanden sein müssen“, sagt David Eisenberger, Leiter Marketing und Kommunikation beim ZIV. „Wir begrüßen diese Änderung der StVO, da damit endlich eine rechtlich klare Regelung vorliegt. Der Transport von Personen auf Fahrrädern gewinnt immer mehr an Bedeutung und trägt auch zu einer Entlastung der Innenstädte bei.“ Denn nun können Erwachsene offiziell auf Lastenrädern mitfahren.
Helmpflicht oder nicht?
Kinder dürfen bis zum vollendeten siebten Lebensjahr auf Sitzen und in Anhängern transportiert werden, der Fahrer muss ebenfalls mindestens 16 Jahre alt sein. Für Kinder mit Behinderung gilt die Altersgrenze von sieben Jahren jedoch nicht. Bei Kindersitzen muss auf Vorrichtungen geachtet werden, die dafür sorgen, dass die Füße nicht in die Speichen geraten. Außerdem besteht Helmpflicht. Im Anhänger müssen Kinder keinen Helm aufsetzen, der ARCD empfiehlt den Kopfschutz dennoch.
Bei der Beleuchtung von Lastenrädern und Anhängern gelten die Regeln der Straßenverkehrszulassungsordnung (§67a StVZO): Ein rotes Rücklicht ist bei beiden Transportmitteln vorgeschrieben. Dieses ist bei Anhängern aber nicht immer serienmäßig verbaut. Wer seinen Fahrradanhänger im Ausland benutzen möchte, sollte sich vorher über die dortigen Regeln informieren. So gilt in Österreich und Frankreich Helmpflicht im Anhänger, in Spanien und Luxemburg dürfen Fahrräder gar keine Anhänger ziehen.
Parkplätze für Lastenräder
Nach der StVO-Novelle können spezielle Parkplätze und Ladezonen für Lastenräder nun ausgewiesen werden. Außerdem dürfen diese teils sperrigen Gefährte auf dem Gehweg parken, wenn Fußgänger nicht behindert werden, oder am Fahrbahnrand – bei Dunkelheit mit Beleuchtung – abgestellt werden. Was viele Autofahrer nicht freuen wird, aber erlaubt ist: Lastenräder dürfen auf kostenpflichtigen Parkplätzen mit Parkschein stehen.
Damit Fahrräder als Transportmittel – egal ob für Kinder oder Großeinkäufe – in Zukunft noch häufiger das Bild der Innenstädte prägen, gibt es weiterhin viel Verbesserungspotenzial. Das sieht auch Tobias Klein so: „Wenn nun flächendeckend eine sichere Infrastruktur geschaffen wird, die auch das subjektive Sicherheitsempfinden beachtet, werden auch Personen, die momentan noch Angst davor haben, ihr Kind mit dem Rad zu transportieren, umsteigen.“
Titelfoto: Bettina Glaser