Lastenrad: Alles mit dabei
Als Zweitwagenersatz mit besonders viel Platz für Kinder und Gepäck können Lastenräder ihre Stärke ausspielen.
Die Bandbreite ist mittlerweile riesig: Es gibt sie als einspurige, sportlichere Variante mit zwei Rädern und als mehrspurige, kippsichere Variante mit drei Rädern. Je nach Vorliebe, Bedarf und Ausführung kann man bis zu sechs Kinder in einer Box auf der tiefen Ladefläche eines sogenannten Long John zwischen Lenker und Vorderrad mitnehmen oder den Nachwuchs hintereinander auf einem überdimensionalen Gepäckträger eines sogenannten Backpackers oder Longtails transportieren. Ein Regen- und Windschutz aus der umfangreichen Zubehörpalette macht das Rad allwettertauglich.
Dank entsprechender Adapter können auch Babys in der Babyschale und Kleinkinder auf Kindersitzen mitgenommen werden. Größere Kinder finden auf Sitzbänken mit Gurten Platz. Wenn die Kinder irgendwann selbst Fahrrad fahren, findet das Lastenrad immer noch als Einkaufsrad Verwendung. Die Rahmen sind meist so gebaut, dass das Rad alle Erwachsenen einer Familie fahren können.
Die große Variabilität hat ihren Preis: Ohne Antrieb gibt es Modelle schon für unter 2.000 Euro. Hinzu kommen Kosten für das Zubehör. Deutlich komfortabler sind E-Lastenräder – gerade wenn man auch mal eine Steigung bewältigen muss oder mehr als ein Kind mitnehmen möchte. Hier muss man mit Kosten ab 3.500 Euro rechnen.
Sicherheit variiert
Die Sicherheit variiert je nach Modell: Während Kinder auf überdimensionalen Gepäckträgern kaum zusätzlichen Schutz erfahren und aufgrund der Höhe tief fallen können, bieten die stabilen Außenwände der tiefen Transportboxen mit fest installierten Becken-, Y- oder Fünfpunktgurten einen zusätzlichen Schutz. Ein Helm ist zwar nicht Pflicht, sollte aber keinesfalls fehlen. Wichtig ist auch ein stabiler Ständer, damit die Kinder wackelfrei ein- und aussteigen können. Vor dem ersten Ausflug sollte man unbedingt alleine Fahrpraxis sammeln, da das Kurvenfahren, Bremsen und der größere Wendekreis mit einem so langen Vehikel gewöhnungsbedürftig sind. Ebenfalls wichtig: ausreichend Platz, um das sperrige Gefährt abzustellen und ein gutes Schloss, um es vor Langfingern zu schützen. Da Lastenräder oft individuell zusammengestellt werden und zu den Anforderungen passen müssen, sollte man sich ausführlich beim Fachhändler beraten lassen.
Yuba Mundo Lux: Huckepack von Groß und Klein
Das erinnert doch ein bisschen an früher, als Oma und Opa ihre Enkelkinder schnell auf dem Gepäckträger nach Hause transportiert haben. Auch beim Mundo Lux Neo von Yuba sitzen die Kinder hinten drauf – allerdings viel besser geschützt als damals. Die kleinen Füße können dank Abdeckung nicht in die Speichen geraten, der Zweibeinständer hält das Rad beim Aufsteigen stabil und die Kleinsten sitzen sicher angeschnallt im Kindersitz. Etwas mehr Vernunft muss man von den Größeren erwarten: Ab vier Jahren können sie frei auf einem Sitzkissen (39,90 Euro) mitfahren. Vorm Herunterfallen schützen sie Stangen (Monkey Bars, 199 Euro). Drei Kinder passen so hintereinander und haben ausreichend Bewegungsfreiheit, was der Nachwuchs natürlich super findet.
Wackelnde Mitfahrer
Neugierige Kinder können das Rad ordentlich ins Wanken bringen, wenn sie sich stark nach außen lehnen. Dennoch macht die Fahrt mit dem gelben, überlangen Rad von Anfang an großen Spaß. Anders als bei Lastenrädern mit sperrigen Boxen passt man damit sogar häufig durch Engstellen. Mit dem 250 Watt Neodriver Motor in Verbindung mit der 24-Gang-Shimano-Kettenschaltung kommt man zügig voran (Reichweite im Test: 69 Kilometer). Platz für Gepäck ist im großen Frontkorb (179 Euro) oder in nachrüstbaren Taschen (Zuladung: 200 Kilo). Für besonders fitte Radler dürfte das Einstiegsmodell für 1.799 Euro ohne Antrieb interessant sein, für alle anderen die E-Variante für 3.899 Euro.
Infos: www.yubaeurope.com
Urban Arrow Family: Geräumige Familienkutsche
Eine Zweijährige, ein Fünfjähriger, ein Rucksack und ein Buggy – was sonst einen Ausflug mit dem Fahrrad unmöglich macht, haben wir in der geräumigen Box des Family vom holländischen Hersteller Urban Arrow komplett untergebracht (zulässige Zuladung: 224 Kilo). Das ordentliche Platzangebot schätzen wir an dem Transportrad besonders. Die Kinder freuen sich über die tolle Aussicht, wir als Eltern darüber, die Kinder gut im Blick zu haben. Babys und Kleinkinder fahren in der Box in einer Babyschale oder auf einem Kindersitz mit (Adapter 199 bzw. 89 Euro). Ab zwei Jahren können sie dann auf den beiden Sitzplätzen mit Y-Gurten, deren Schnallen über Magnete sofort richtig einrasten, Platz nehmen. Auf dem breiten Ständer steht das Rad so stabil, dass die Kids selbst in die Box klettern können. Mit der hellen LED-Frontleuchte wird man gut gesehen, Reflektoren verdeutlichen anderen Verkehrsteilnehmern zusätzlich die Überbreite der Box.
Überlänge und -breite
Apropos Überbreite: Bei einer Breite von 70 Zentimetern und einer Länge von 2,60 Metern merkt man, dass die Infrastruktur zum Teil nicht an die Ausmaße angepasst ist. Immer wieder sind wir an Barrieren gescheitert, die Fahrradparkplätze und Verkehrsinseln waren manchmal schlicht zu kurz. Schnell und stabil ging es dennoch dank tiefem Schwerpunkt, Bosch-Cargo Line-Motor mit 250 Watt und stufenloser Schaltung Enviolo Trekking TR voran (Reichweite im Test: 61 Kilometer). Gerade beim Anfahren und am Berg konnten wir so das hohe Eigengewicht von 51 Kilo und die Zuladung ausgleichen. Die Scheibenbremsen Shimano Zee M640 brachten uns zuverlässig zum Stehen. Den hohen Preis von 5.390 Euro (Einstiegsmodell ab 4.390 Euro) rechtfertigt, dass wir im Testzeitraum tatsächlich innerorts vollständig auf das Auto verzichten konnten.
Infos: www.urbanarrow.com
Titelfoto: Babboe