Täuschend echt: Gefälschte Autoersatzteile
Produktfälschungen sind nicht nur illegal, sondern auch gefährlich. Ihre Qualität ist mangelhaft und sie erfüllen noch nicht mal die gesetzlichen Mindestvorgaben in puncto Sicherheit.
Ob Uhren, Handtaschen oder Markenkleidung, gefälscht wird alles, was gefragt ist. Das gilt auch für Autoersatzteile. Bremsen, Räder, Filter, Airbags, Motorteile, Karosserie- und Lenkungselemente – es gibt fast nichts, was nicht nachgemacht werden könnte. Die Waren stammen aus Billiglohnländern und werden dort von organisierten Produktfälschern hergestellt. Die Zielgruppe der Täter: Autofahrer und Werkstätten, die bevorzugt Ersatzteile über das Internet erwerben. Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) hat im Jahr 2022 festgestellt, dass 60 Prozent der weltweit beschlagnahmten sicherheitsrelevanten Autoteile mit Bestimmungsort EU auf den Onlineverkauf entfallen. Die Wahrscheinlichkeit, beim Verkauf entdeckt zu werden, ist für die Betrüger gering, die Strafverfolgung über Ländergrenzen hinweg langwierig. Verlässliche Zahlen zum Umfang der Betrügereien gibt es keine. Hersteller und Behörden gehen von einem Milliardenmarkt aus. Mercedes-Benz vermeldet, dass Zoll und Polizei allein im Jahr 2021 weltweit rund 1,9 Millionen gefälschte Produkte mit dem Stern beschlagnahmen konnten. Volkswagen beziffert den Wert der 2023 gefundenen Fälschungen auf 5,7 Millionen Euro.
Nachgeahmte Bauteile versagen im Test
Während Teile, die der Optik dienen, wie Felgendeckel, Kühlergrill oder Markenembleme vorrangig wirtschaftliche Schäden verursachen, bedrohen sicherheitsrelevante Bauteile schnell die Verkehrssicherheit. Mercedes-Benz stellte in Tests fest, dass nachgeahmte Bremsbeläge unter Belastung oft versagen, was im schlimmsten Fall zum Unfall führen kann.
Unklare Materialzusammensetzungen und geringere Materialstärken führten auf Prüfstand und Teststrecke zu auffällig schlechten Testergebnissen. Mehr als eine Wagenlänge Bremsweg lagen etwa zwischen Plagiat und Original. Auch täuschend echt wirkende Kopien hochwertiger Alufelgen ließ der Autohersteller untersuchen. Die erschreckende Erkenntnis: Im Zuge von Belastungstests traten sichtbar Risse im Material auf; ein Auseinanderbrechen der Felge wäre nicht auszuschließen.
Teure Folgeschäden sind nicht auszuschließen
Teuer kann es für Autofahrer werden, wenn sie gefälschte Rußpartikelfilter kaufen. Originalteile bestehen aus einem hochwertigen Filterkern in einer auf den Motortyp abgestimmten Größe. Die nachgeahmten Produkte im Kleid des Originalherstellers enthalten zwar oft ebenfalls einen Filterkern, doch dieser ist meist kleiner und besteht aus minderwertigem Material. Obwohl die Funktionalität zunächst gegeben ist, setzt sich der Filter schneller zu. Das führt zu einer häufigeren Regeneration und einer erhöhten thermischen Belastung des Motors. Schlussendlich droht ein teurer Motorschaden.
Autofahrer sollten auf Kleinigkeiten achten
Es ist jedoch schon detektivischer Spürsinn erforderlich, um Fälschungen von Originalen zu unterscheiden, da sich Verpackungen und Produkte auf den ersten Blick ähneln. Buchstabendreher, falsche Schreibweisen und unechte oder veraltete Firmenlogos werden schnell übersehen. Auch unterschiedliche Seriennummern, redundante Barcodes und fehlende Sicherheitshinweise deuten auf nachgeahmte Waren hin. Auf den Produkten selbst sollten ungleiche Verklebungen, unprofessionell überlackierte Bereiche, schief aufgebrachte oder minderwertig aufgedruckte Markenzeichen und Artikelnummern misstrauisch machen.
Große Preisunterschiede weisen auf Fälschungen hin
Größtes Indiz für Ungereimtheiten bleibt immer der Preis. Fälschungen sind meist deutlich günstiger als Originale. Hinweise auf die echten Verkaufspreise finden sich im Fachhandel, in seriösen Onlineshops bekannter Handelsfirmen oder in Katalogen der Hersteller. Bei einer Preisdifferenz von 15 bis 30 Prozent ist Vorsicht geboten. Weichen die Angebotspreise um mehr als 50 Prozent ab, sind Fälschungen wahrscheinlich.
Autoindustrie verwendet Sicherheitsmerkmale
Die Autoindustrie versucht, den Betrügern mit unterschiedlichen Sicherheitsmerkmalen das Geschäft zu erschweren. Nahezu alle Hersteller nutzen dafür einen sogenannten MAPP-Code (Manufacturers against Product Piracy). Dieser enthält eine originäre, weltweit einmalige Identifikationsnummer, die Verpackungen oder Teile kennzeichnet. Der Code kann über kostenlose Apps gescannt und auf Echtheit überprüft werden. Auf vielen Verpackungen sind zudem holografische Etiketten zu finden, auf denen das Firmenlogo und Wörter wie „Original“ stehen können. Seit diesem Jahr kann man Filter des Herstellers Mann + Hummel mittels QR-Code überprüfen; zusätzlich sind Produkt- und Einbauinformationen abrufbar. Den Verpackungen des Bremsenherstellers Brembo liegen Rubbelkarten mit einer sechsstelligen Nummer in einer versiegelten Box bei. Stimmen die Zahlen mit den Angaben auf der Website überein, handelt es sich um ein Original.
Rechtliche Ansprüche schwer umsetzbar
Wer erst nach der Lieferung feststellt, dass er einen Fake-Artikel erworben hat, kann den Kauf bei gewerblichen Verkäufern aus der EU binnen 14 Tagen widerrufen. Wenn das nicht funktioniert, kann man versuchen, seine Ansprüche vor Gericht geltend zu machen. Dies ist jedoch nur bei Händlern mit Sitz in Deutschland oder der EU lohnenswert. Aufgrund der räumlichen Distanz und unterschiedlicher Rechtssysteme ist Verkäufern aus China etwa nur schwer beizukommen. Für günstige Produkte lohnt sich der Aufwand zudem meist nicht. Wer die Zahlung über den Bezahldienst Paypal getätigt hat, kann sein Geld über einen Käuferschutzantrag zurückerlangen. Innerhalb von 45 Tagen muss der Artikel bei Paypal gemeldet werden. Strafbar machen sich Käufer bei Produkten für den privaten Gebrauch meist nicht. Wird eine Postsendung aber vom Zoll beschlagnahmt, drohen Steuern und Gebühren.
Was auf Fälschungen hinweist
- Deutlich günstiger als Originalteile
- Veraltete oder veränderte Markenzeichen
- Minderwertige Qualität
- Billig aufgedruckte Marken- und Modellbezeichnungen
- Bezeichnung als Replika
- Bezug über zweifelhafte (Online-)Quellen
- Übermäßig gute oder schlechte Shop-Bewertungen
Titelfoto: Hauptzollamt Hamburg