07.10.2023 Andy Schwietzer

Sparbüchsen – Wo es viel Motorrad fürs Geld gibt

Nicht erst seit der für alle Bürger spürbar gestiegenen Inflation suchen auch Motorradfahrer nach Wegen, die Kosten für den an sich unbezahlbaren Fahrspaß in Grenzen zu halten. Wir stellen hier aktuelle Motorräder vor, bei denen Preis und Leistung in einem ausgesprochen guten Verhältnis stehen, und geben Tipps, wie sich Kosten beim Motorradfahren reduzieren lassen.


Natürlich spielt für Sparfüchse der Kraftstoffverbrauch beim Motorradfahren eine Rolle. Doch bei diesem Aspekt verweisen wir auf unseren Beitrag über verbrauchsoptimierte Motorräder. Hier sind Spartipps, sparsame Modelle und technischer Background zusammengefasst. Der Gebrauchtkauf von Maschinen muss einer späteren Story vorbehalten sein. Bei neuen und gründlich gewarteten Fahrzeugen sind Ausfälle selten, denn Motorräder haben als moderne Industrie- und Konsumgüter mittlerweile einen guten Stand der Zuverlässigkeit erreicht. Angesichts oft hoher Gebrauchtpreise schieben sich jedoch auch günstige Neumaschinen in den Fokus.

Inzwischen präsentieren sich neben Motorrädern aus Indien auch chinesische Produkte der Mittelklasse auf den europäischen Märkten; zum Teil befeuert durch Joint Ventures mit europäischen Fahrzeugbauern. Die hohen Stückzahlen und die günstigen Produktionskosten in Bezug auf Löhne, Energie und Rohstoffe lassen trotz gestiegener Transportkosten und der teilweisen Nutzung westlicher Zulieferkomponenten attraktive Preise zu.

Hier stimmen Preis und Leistung

  • Ein brandaktuelles Beispiel ist die neue CF Moto 800 NK. Bei ihr treffen ein in Italien vom Studio „Modena 40“ entwickeltes Design auf die von der KTM 790 Duke bekannte Rahmen- und Motorentechnologie. Es handelt sich aber keineswegs um eine freche Kopie. Die KTM-Gruppe ist über ein Joint Venture mit CF Moto verbandelt und lässt alle 790er-Triebwerke für ihre Duke-Modelle oder 790er-Adventurebikes in China fertigen. In Sachen Konnektivität benötigen die Chinesen keine Nachhilfe; allerdings verzichtet man – in dieser Klasse inzwischen ungewöhnlich – auf eine Traktionskontrolle. CF Moto baut seit 23 Jahren Motorräder und über KTM als europäischen Importeur treten sie nun auch in der Roadster-Mittelklasse an. Die einstellbaren Federelemente der NK stammen von Kayaba, die Bremsen von der Brembo-Tochter J.Juan, der ABS-Modulator von Bosch. Das Ergebnis ist ein sehr brauchbares, agiles Motorrad – leider mit Rückendusche mangels Schutzblech – ohne Spitzenqualitäten zum Kampfpreis. So geht Globalisierung.
  • Ein ähnlich globalisiertes Discount-Bike ist die TRK 502 von Benelli, einer italienischen Traditionsmarke. Die sechs Brüder Benelli begannen bereits vor mehr als 100 Jahren mit der Motorradfertigung, doch das Familienunternehmen scheiterte in den späten Achtzigern. Die Rettung unter Andrea Merloni gelang 1992 und seit 2005 regiert der chinesischen Hersteller Quianjiang in Pesaro an der Adria. Entwickelt wird in Italien, produziert in China. Die „chitalienischen“ Benelli nehmen optische Anleihen bei BMW, Ducati und anderen. Die trotz 500er-Reihentwin an die BMW R 1250 GS gemahnende Benelli TRK 502 X ist die beliebteste Neumaschine in Italien. Mit 48 PS reicht die Leistung fürs Fahren im Rahmen der gültigen Verkehrsregeln und bei einem ­Drittel des BMW-Kaufpreises wird so mancher schwach. Die offroadtauglichere Variante „X“ mit längeren Federwegen und Drahtspeichenrädern kostet 500 Euro Aufpreis. Eine hubraumgrößere 800er-Variante wurde in Sommer 2023 vorgestellt. Den Feinschliff einer japanischen Maschine gibt es hier noch nicht.
  • Ein Motorrad, das aus den Sechzigerjahren stammen könnte, ist die in Frankreich erdachte und in China produzierte Mash Five Hundred, die aussieht wie eine Wiedergängerin der Yamaha SR 500. Der Mash-Motor hat eine Honda-Entwicklung aus den Achtzigern zum Vorbild. Hausmannskost im Stil der Siebzigerjahre bietet das Fahrwerk. Dafür sind Preis, Verbrauch und die überschaubare Technik ein Fest für nostalgische Sparfüchse.
  • Regelmäßige Leser des ARCD-Clubmagazins Auto&Reise und der ARCD-Website stolpern jetzt über eine Wiederholung: Aber die BMW G 310 R aus Indien ist eine Bank für Sparer. Der Preis liegt auf dem Niveau von 125ern. Das Motorrad ist enorm sparsam und dabei sehr einfach und sicher zu fahren. Nun mit Anti-Hopping-Kupplung, Tagfahrlicht und E-Gas ein toller Mix aus moderner Technik, agilem Fahrspaß und unkomplizierter Anfängertauglichkeit. Noch dazu sitzt der Sozius hier besser als auf vielen hubraumgrößeren und teureren Maschinen. Es fehlt nur ein wirksames Hinterradschutzblech.
  • Eigenwillig und kompakt wie eine 400er zeigt sich die dreizylindrige, preiswerte Triumph Trident. Ihr fulminanter 660er-Drilling ist eine Klasse für sich und das Handling ist im Spannungsfeld aus Agilität und Stabilität unter allen Umständen tadelfrei. Als Kurvensuchgerät, Citybike oder Tourenmaschine für kürzere Solisten eine gute Wahl. Nur der Sozius leidet auf dem stummelkurzen Heck und bei Regenfahrten sauen sich Pilot und Maschine wie auch auf der CF Moto 800 NK und der BMW G 310 R von hinten ein.
  • Als nicht das günstigste, aber aktuell rundeste Angebot am Markt erscheint das taufrische Suzuki-Doppel GSX-8S (Roadster) und V-Strom 800 DE (Reiseenduro). Es gibt jeweils konkurrierende Angebote, die erschwinglicher sind, bei denen aber fade Kompromisse auf verschiedenen Gebieten geschluckt werden müssen. In den Punkten Fahrbarkeit, Fahrkomfort und Ausstattung bieten die Suzuki-Zwillinge mit ihren identischen Rahmen und Triebwerken samt weiteren Gleichteilen ein großartiges Paket an praxisgerechter Ausstattung, Fahrspaß und Nutzwert. Speziell die nicht ganz billige V-Strom 800 zeigt mit Qualitäten wie brillanter Handlingbalance und toller Ergonomie on- und offroad, dass die Motorradbauer in Hamamatsu ihr Handwerk seit Jahrzehnten verstehen. Dass Reiseenduros und Adventurebikes teurer sind als ihre Straßengeschwister liegt an oft höherwertigen Fahrwerkskomponenten, stabilerer Bauweise und den aufwändig zu bauenden Drahtspeichenrädern. Der GSX-8S fehlt modisch bedingt auch ein Hinterradschutzblech und der Sozius muss leidensfähig sein. Umso besser geht es dem Piloten der ausgewogenen Neuheit. Offenbar leiden die Zwillinge auch nicht so sehr an Herstellungskosten in der Hochlohn-Demokratie Japan, was ja oft als Ursache für Produktionsverlagerungen in das Riesenreich der Mitte angeführt wird. Nicht das billigste, aber das „preis-werteste“ Duo der gehobenen Mittelklasse.

 

Foto: CF Moto

CF Moto 800 NK

Motor:

2 Zylinder

Hubraum:

799 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge

Leistung:        

70 kW/95 PS

Spitze:

k.A.

Gewicht:

ca. 200 kg

Herstellungsland:      

China

Preis:              

ab 7.390 Euro

Foto: Benelli

Benelli TRK 502 (X)

Motor:

2 Zylinder

Hubraum:

500 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge

Leistung:        

35 kW/48 PS

Spitze:

165 km/h

Gewicht:

235 kg

Herstellungsland:      

China

Preis:              

ab 6.349 Euro 
(X: 6.849 Euro)

Foto: Mash

Mash Five Hundred

Motor:

1 Zylinder

Hubraum:

397 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

5 Gänge

Leistung:        

20 kW/28 PS

Spitze:

130 km/h

Gewicht:

166 kg

Herstellungsland:      

China

Preis:              

ab 4.199 Euro

Foto: BMW

BMW G 310 R

Motor:

1 Zylinder

Hubraum:

314 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge

Leistung:        

25 kW/34 PS

Spitze:

143 km/h

Gewicht:

159 kg

Herstellungsland:      

Indien

Preis:              

ab 5.650 Euro

Foto:fbn

Triumph Trident 660

Motor:

3 Zylinder

Hubraum:

660 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge

Leistung:        

60 kW/81 PS

Spitze:

200 km/h

Gewicht:

189 kg

Herstellungsland:      

Thailand

Preis:              

ab 8.145 Euro

Foto: Suzuki

Suzuki GSX-8S

Motor:

2 Zylinder

Hubraum:

776 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge

Leistung:        

61 kW/83 PS

Spitze:

210 km/h

Gewicht:

202 kg

Herstellungsland:      

Japan

Preis:              

ab 8.900 Euro

Foto:Suzuki

Suzuki V-Strom 800 DE

Motor:

2 Zylinder

Hubraum:

776 cm³

Antrieb:

Kette

Getriebe:

6 Gänge 

Leistung:        

60 kW/82 PS

Spitze:

201 km/h

Gewicht:

233 kg

Herstellungsland:      

Japan

Preis:              

ab 11.500 Euro

So wird das Sparschwein gefüttert

Wo lässt sich noch haushalten? Der Kfz-Steuersatz ist für alle Motorräder gleich: 1,84 Euro pro angefangenen 25 cm³ Hubraum. Hier gibt es keine Spartricks. Das heißt, ein geringer Hubraum spart zwar Geld, aber bei einer 500er sind es gegenüber einer 800er nur 22 Euro pro Jahr.

Motorradversicherer kann man vergleichen, hier müssen individuelle Angebote erstellt werden. Der ARCD berät hier gerne. Aber generell gilt: Über 98 PS wird es teuer, darunter häufig angenehm günstig. Oft reichen 100 Euro für ein Jahr Haftpflichtversicherung.

Reifen sind leider in den vergangenen drei Jahren sehr viel teurer geworden. Hier können ältere Profile, die Markenhersteller nach wie vor produzieren, sparen helfen. Ein Beispiel: In den Sportmotorrad-Dimensionen 120/70 ZR 17 und 180/55 ZR 17 liegt der Preis pro Satz (ohne Service) für den aktuellen Michelin Power 5 bei mindestens 300 Euro. Michelins bewährter Sportreifen Pilot Power 2CT dagegen kostet als Satz rund 220 Euro und lässt nach Meinung des Autors auf öffentlichen Straßen bei Maschinen bis 100 PS nichts vermissen. Am meisten spart ein runder Fahrstil ohne hartes Bremsen oder Beschleunigen. Touren- und Enduroreifen können dann fünfstellige Laufleistungen erreichen.

Wer im Motorradbereich konsumieren will, sollte das im Spätsommer oder Herbst machen. Im Oktober und November haben die Händler mehr Zeit für Gespräche und freuen sich über Kunden, die sich für neue oder gebrauchte Maschinen oder reduzierte Bekleidung interessieren. Nach der Saison und vor der Inventur sind die Preise flexibler als im Nachfragehoch; das gilt auch für private Offerten. Dann muss bei aller Sparsamkeit der Genuss auf der Straße nicht zu kurz kommen.

 

Titelfoto: Andy Schwietzer


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