03.08.2023 Wolfgang Sievernich

Vorsicht vor Betrugsmaschen beim Autokauf

Welcher Kaufinteressent freut sich in Zeiten hoher Gebrauchtwagenpreise nicht über Schnäppchen? Doch manche Preisknüller entpuppen sich bei näherer Betrachtung als Luftschloss und vermeintlich seriöse Verkäufer als Betrüger. Wir geben Tipps, wie sich deren Methoden enttarnen lassen und worauf auch Autoverkäufer achten sollten.


Wer kennt sie nicht, die Geschichten vom Gebrauchtwagen, der aufgrund einer finanziellen Notlage, einer anstehenden Scheidung oder eines Sterbefalls günstig auf dem Markt angeboten wird? Und auch, wenn es solche Preisknüller immer mal wieder gibt, wird doch die Mehrzahl der gehandelten Gebrauchtwagen zu marktüblichen Konditionen verkauft. Umso verlockender erscheint es dem Kaufinteressenten bei der Durchsicht der Inserate dann, genau solch ein vermeintliches Schnäppchen entdeckt zu haben.

Und hier schlägt die Stunde der Betrüger. Auf Online-Marktplätzen wie Facebook Marketplace, Mobile.de oder Kleinanzeigen (ehemals Ebay Kleinanzeigen) finden sich Fahrzeugangebote von Pkw, Wohnmobilen, Motorrädern, Traktoren und Lkw, die zu unübersehbar niedrigen Verkaufspreisen inseriert werden. Was könnte es damit auf sich haben? „Die jungen und auffallend billigen Fahrzeuge auf Facebook Marketplace beispielsweise sind alle nicht existent“, erklärt Kriminalhauptkommissar Jürgen Endres vom Polizeipräsidium Köln. Bei diesen Angeboten handele es nicht um real zum Verkauf stehende Fahrzeuge. Betrüger würden die Lockangebote vielmehr dazu nutzen, Anzahlungen auf den Verkaufspreis oder für Transportkosten zu ergaunern. Letztere entstünden immer dann, wenn das angebotene Fahrzeug an einem weit entfernten Standort zu finden sei, was im Fall der Lockangebote laut Endres immer der Fall sei: „Betrüger nutzen gerne die Ausrede, dass sich das angebotene Fahrzeug im Ausland befindet, etwa aus beruflichen Gründen, wie dem Soldaten im Auslandseinsatz.“ Deshalb könne es der Käufer auch nicht besichtigen, sodass es erst gegen ein Entgelt zum Kaufinteressenten transportiert werden müsse. Sollte der Käufer das Fahrzeug nach Erhalt für gut befinden, könne die restliche Zahlung über ein Treuhandkonto der beauftragten Spedition abgewickelt werden. Auch Anzahlungen auf den Kaufpreis und sogar komplette Kaufsummen wurden in der Vergangenheit bereits gezahlt, weil Käufer sich vom Preisknaller blenden ließen und den Falschaussagen der Betrüger Glauben schenkten.

Hat der Kaufinteressent die Summe erst überwiesen, brechen die Betrüger Polizeiangaben zufolge den Kontakt ab, löschen ihre Onlinekonten und verschwinden zusammen mit dem Geld auf Nimmerwiedersehen. Im Unterschied zu einer SEPA-Lastschrift oder einer Kreditkartenzahlung kann eine Überweisung in der Regel nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ein überwiesener Betrag ließe sich nur mit Zustimmung des Zahlungsempfängers zurückbuchen.

Ausweise gestohlen

Eventuell zur Verfügung gestellte Ausweisdokumente zur Legitimation des Verkäufers entpuppen sich im Nachhinein oft als gefälscht oder gestohlen, erklärt Endres. Da der Käufer den Verkäufer nie selbst kennengelernt hat und die Kommunikation vorwiegend per E-Mail oder Messenger-Dienst wie Whatsapp erfolgte, ist ein Abgleich der Daten mit einer realen Person im Nachgang nicht mehr möglich. Die oft erst in jüngst eingestellten Profilen enthaltenen Bilder und Namen des Verkäufers haben sich die Betrüger entweder widerrechtlich angeeignet oder sie sind schlicht erfunden. Selbst über die Fotos des angebotenen Fahrzeugs lassen sich keine Rückschlüsse auf die Täter ziehen, da diese oft fremden Inseraten entnommen wurden.


Wenn Fahrzeuge zu günstig sind, sollte man grundsätzlich die Finger davonlassen.

– Jürgen Endres, Kriminalhauptkommissar, Polizei Köln


Sobald Verbraucher das geforderte Geld überwiesen haben, lässt sich der Betrug nicht mehr rückabwickeln, dann bleibt ihnen nur noch, die Polizei einzuschalten. Deshalb sollten Kaufinteressenten auf Anzeichen in Verkaufsanzeigen achten, die auf einen Schwindel hinweisen könnten. Eines der auffälligsten Merkmale für ein unstimmiges Bild ist der ins Auge springende günstige Verkaufspreis des inserierten Fahrzeugs. Dieser liegt meist deutlich unter den marktüblichen Konditionen, im Falle des oben rechts abgebildeten Wohnmobils beispielsweise kosten Neufahrzeuge fast das Zehnfache des erst 1,5 Jahre alten angeblichen Exemplars. Dass da etwas nicht stimmen kann, liegt auf der Hand. Der ARCD empfiehlt, die angegebenen Fahrzeugdaten immer mit mehreren Inseraten auf Plattformen wie Mobile.de oder Autoscout24 zu vergleichen. „Wenn Fahrzeuge zu günstig sind, sollte man grundsätzlich die Finger davonlassen“, sagt auch Kriminalhauptkommissar Endres.

 

Die Plattform-Betreiber sind für betrügerisch eingestellte Angebote nicht haftbar zu machen. Fotos: ARCD

Bei der Masche mit dem scheinbar im Ausland platzierten Fahrzeug sollten sich Kaufinteressenten fragen, warum dieses nicht viel einfacher regional verkauft werde. „Steht ein angebliches Fahrzeug etwa in Skandinavien, dann ließe es sich vor Ort zu viel höheren Preisen als auf dem deutschen Markt verkaufen, ein Transport über die Grenzen hinaus wäre unsinnig“, erklärt Endres.

 

Bei diesen Angaben sollten Ihre Alarmglocken schrillen

  • Auffallend günstige Verkaufspreise
  • Kommunikation per E-Mail oder Messenger-Dienst, keine Telefonate möglich
  • Verkäufer oder Fahrzeug im Ausland
  • Keine Besichtigung möglich
  • Lieferung nur gegen vorab zu zahlende Transportkosten
  • Vorauskasse per Überweisung, Paypal-Freunde oder auf Treuhandkonten

 

Behauptete Schäden

Doch nicht nur Käufer können im Internet hereingelegt werden, auch Autoverkäufer sollten vorsichtig sein, wenn sie Fahrzeuge an Fremde veräußern. So können potenzielle Käufer bei der Besichtigung des Wagens etwa behaupten, dass der Verkäufer angeblich Mängel des Fahrzeugs im Inserat verschwiegen hätte und fordern für Anreise und Zeitaufwand Schadenersatz. Ähnlich verhalten sich unseriöse Kärtchenhändler, die Verkäufer schon bei der Kontaktaufnahme am Telefon nach Fahrzeugdetails ausfragen. Auch hier besteht die Gefahr, dass beim Termin Mängel erfunden werden, um den Preis zu senken. Autoverkäufern sei geraten, beim Verkaufsgespräch immer einen Zeugen, falls möglich, sogar einen sachkundigen Begleiter hinzuzuziehen. Hilfreich ist darüber hinaus, ein Gebrauchtwagengutachten zum Zustand des Pkw zur Hand zu haben. Im Streitfall hilft anzukündigen, bei der Polizei anzurufen oder das tatsächlich auch zu tun.

Wer in seiner Verkaufsanzeige darauf verzichtet, die Kennzeichen seines Wagens unkenntlich zu machen und Käufern bei der Kontaktaufnahme bereitwillig neben persönlichen Daten wie Name und Anschrift auch Details zur Kfz-Versicherung mitteilt, muss eventuell mit einem Versicherungsbetrug rechnen. Dabei kontaktieren die Betrüger unter dem Namen des Verkäufers dessen Kfz-Versicherung und geben vor, dass die Frontscheibe beschädigt sei. Anschließend geben sie eine Adresse als Firmensitz eines Glaserunternehmens an, die Versicherung zahlt die Schadenssumme auf deren Konto – fertig. Das Perfide an der Masche: Autobesitzer werden bei einem Schaden an der Windschutzscheibe von der Kaskoversicherung weder hochgestuft noch kontaktiert. Der Betrug findet damit im Verborgenen und möglicherweise sogar mehrfach statt.


Man sollte sich nicht darauf einlassen, eine Blitzüberweisung nur auf einem Handy mittels einer Nachricht oder E-Mail zu sehen, sondern immer auf den eigenen Kontoeingang warten.

– Jürgen Endres, Kriminalhauptkommissar, Polizei Köln


Hellhörig sollten Autoverkäufer werden, wenn der potenzielle Käufer vorgibt, bei der Abholung nicht selbst vor Ort sein zu können und eine Spedition beauftragt, das Fahrzeug abzuholen. Um Vertrauen aufzubauen, schickt er per E-Mail einen Personalausweis zur Legitimierung und eine Zahlungsbestätigung über einen Online-Bezahldienst. Doch Vorsicht: Der Ausweis entpuppt sich häufig als Fälschung oder stammt aus einem Diebstahl; und die Zahlung kann auch nach der Abholung des Wagens noch zurückgerufen werden. „Man sollte sich auch nicht darauf einlassen, eine Blitzüberweisung nur auf einem Handy mittels einer Nachricht oder E-Mail zu sehen, sondern immer auf den eigenen Kontoeingang warten“, warnt Kriminalhauptkommissar Endres. Taucht auf der fingierten Blitzüberweisung zudem ein höherer als der geforderte Geldbetrag auf, soll der Verkäufer damit dazu gebracht werden, dem Spediteur die überschüssige Summe in bar mitzugeben. Damit wäre nicht nur das Auto, sondern zusätzlich auch noch Bargeld weg.

 

Vorsicht bei der Weitergabe personenbezogener Daten von Ausweisen. Verbrecher nutzen diese für neue Betrügereien. Foto: stock.adobe.com/© Stiefi
Der persönliche Eindruck zählt beim Autokauf. Das gilt sowohl für Käufer als auch Verkäufer. Ein ausreichend langes Zeitfenster sollte für Besichtigung, Probefahrt und Verkaufsgespräch eingeplant werden. Foto: stock.adobe.com/© Kzenon

Schriftverkehr lesen

Betrüger können E-Mails auch dazu nutzen, ein Auto aus Verkäufersicht unfreiwillig günstiger zu erstehen. Die Masche: Besichtigungstermine sollen vom Verkäufer etwa mit „ok“ beantwortet werden. Im schlimmsten Fall hat er damit einen Vertrag abgeschlossen, der sich auf einen in der E-Mail versteckten Passus zum Kaufpreis bezieht. Verkäufer sollten sich E-Mails deshalb generell genau durchlesen und zur Beweissicherung den gesamten E-Mail-Verlauf auf dem eigenen Computer sichern.

Selbst Diebe halten auf Online-Portalen Ausschau nach Pkw und fragen bei der Kontaktaufnahme nach dem Standort des Wagens. Um einen Diebstahl zu verhindern, sollten Verkäufer nicht voreilig Daten preisgeben, die frühzeitig Rückschlüsse auf den genauen Standort des Autos zulassen.

 

Drei Fragen an den ARCD-Vertragsanwalt

Christian Aldebert, Vertragsanwalt des ARCD

Ab wann ist ein Betrug überhaupt ein Betrug?

Wenn der Verkäufer eines Gebrauchtwagens falsche oder missverständliche Angaben zu einem Fahrzeug in einer Annonce macht, dann muss dies noch nicht zwingend ein Betrug sein. Der Betrug ist eine Vermögensstraftat und nicht die Täuschung, sondern die vermögensschädigende Täuschung ist strafbar. Wenn beim Kauf eines Gebrauchtwagens vom Verkäufer über Umstände, die den Verkehrswert des Fahrzeugs mitbestimmen, getäuscht und dadurch zum Kaufabschluss verleitet wird, hat der Käufer einen Schaden regelmäßig nur dann, wenn das Fahrzeug objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist. Entscheidend für die Schadensbewertung ist grundsätzlich die objektive Bewertung, die sich an den Marktverhältnissen ausrichtet, nicht an der Schadensbewertung, die der Getäuschte vornimmt.

Wie können Verbraucher angezahltes Geld zurückverlangen?

Hat ein Kaufinteressent eine Anzahlung auf den Kaufpreis geleistet und der Verkäufer bricht den Kontakt ab, so muss der Kaufinteressent das Geld vom Verkäufer zurückfordern. Notfalls muss er seinen Anspruch mit anwaltlicher Hilfe geltend machen und womöglich einklagen.

Was raten Sie Käufern beim Gebrauchtwagenkauf? Würden Sie vom Kauf aus der Ferne in jedem Fall abraten?

Grundsätzlich sollte das Kaufobjekt Auto persönlich vom Käufer besichtigt werden. Der Käufer sollte eine Probefahrt unternehmen und sich vom Verkäufer schriftliche Nachweise über durchgeführte Kundendienste, Reparaturen und Ähnliches zeigen lassen.

Titelfoto: stock.adobe.com/© hanahal


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