Marderschaden: Zum Beißen gern
Der Steinmarder fühlt sich auf dem Dorf und in der Stadt wie zu Hause. Dabei machen es sich die possierlichen Tierchen gerne in den Motorräumen abgestellter Autos bequem. Zum Leidwesen des Menschen, wenn durchgebissene Kabel und Schläuche die Weiterfahrt unterbinden. Warum das so ist und welche Gegenmaßnahmen Autofahrer ergreifen können, stellen wir vor.
Der Motor macht keinen Mucks. Beim Blick unter die Haube wird das ganze Ausmaß der Zerstörung ersichtlich. Durchgebissene Kabel, Schläuche und zerfetzte Dämmmatten lassen auf einen vierbeinigen ungebetenen Besucher schließen – den Steinmarder. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ließen sich 2020 im Kfz-Bereich rund 217.000 Fälle mit einer Schadenshöhe von über 90 Millionen Euro auf den Einsatz des possierlichen Raubtieres zurückführen.
Anders als der überwiegend in Wald und Feld beheimatete Baummarder fühlt sich der Steinmarder als Kulturfolger auch in Dörfern und Städten wohl. Unterscheiden lassen sich die Arten über die Farbe des Kehlflecks, der beim Baummarder gelblich und beim Steinmarder weiß ausfällt.
Neugier bis Aggression
Erwachsene Steinmarder nutzen im Freien geparkte Pkw als Schlafplatz, Speisekammer und Aussichtsplattform; Jungtiere überdies als Spielplatz. Meist lassen sich schmutzige Pfotenabdrücke auf Motorhaube, Frontscheibe und Dach des Pkw ausmachen. Besitzt dieser eine Dachantenne, kommt ihr häufig die Funktion eines tierischen Schwarzen Bretts zu. Urinflecken und Kotkleckse auf dem Lack um die Antenne dienen der Kommunikation und kennzeichnen dabei das Revier des ortsansässigen Steinmarders.
Während Menschen Dinge in die Hand nehmen, um sie zu untersuchen, beißen Marder oft aus Neugier in sie hinein. Dabei kann auch mal ein Teil auf der Strecke bleiben. Deutlich aggressiver und zerstörerischer wird das Beißverhalten aber, wenn männliche Steinmarder den Duft eines Rivalen wahrnehmen. Hängt der Geruch an Fahrzeugteilen, beißt der Marder insbesondere in der Paarungszeit zwischen Frühjahr und Sommer wütend in sie hinein. „In der Zeit zwischen März und Mai passieren die meisten Schäden an den Autos, weil die Männchen in dieser Zeit aggressiver sind und energischer ihr Revier verteidigen. Deshalb reagieren sie in dieser Zeit stärker auf Autos, die fremde Duftmarken enthalten“, erläutert die Wildbiologin Dr. Beate Ludwig. Besonders Pendler, die ihr Auto unbewusst in unterschiedlichen Marderrevieren parken, sind von den Beißattacken betroffen. Der Deutsche Jagdverband (DJV) empfiehlt Autofahrern, auf auslaufende Flüssigkeit oder herumliegende Gummiteile zu achten, um teure Folgeschäden wie ein Überhitzen des Motors zu vermeiden.
Wer sein Auto teil- oder vollkaskoversichert hat, ist gegen Schäden durch Marderbisse geschützt. „Inwieweit Folgeschäden aber versichert sind, hängt vom jeweiligen Vertrag ab“, grenzt eine Sprecherin des GDV ein. Der ARCD unterstützt seine Mitglieder im Falle eines Marderbisses mit einem Clubhilfe-Zuschuss.
Vorbeugen ist besser als Heilen, lautet eine Redewendung, weshalb Autohersteller Kabel und Schläuche oft schon ab Werk gegen die spitzen Zähne des beißwütigen Gesellen wappnen. Bei Mitsubishi beispielsweise schützt Isolierungsmaterial sensible Kabel, während Schläuche an erreichbaren Stellen durch zusätzliche Verdickungen verstärkt werden. Leitungen des Hochvoltantriebs von Elektro- und Plug-in-Hybrid-Modellen seien bereits durch ihre Leitungsstruktur geschützt, sagt Stefan Büttner, Pressesprecher des japanischen Autoherstellers. Zusätzliche Puschierrohre sichern empfindliche Kabel zudem in freiliegenden Bereichen.
Damit Kabel nicht zerbissen werden, kann man diese nachträglich mit geschlitztem Wellrohr aus dem Baumarkt überziehen. Betritt der Marder mit seinen weichen Pfoten ein unter dem Motorraum liegendes engmaschiges Drahtgeflecht, sucht er meist das Weite. Hausmittel wie WC-Duftsteine oder Tierhaare halten die Tiere dagegen oft nicht ab.
Ganzheitliche und unkomplizierte Hilfe versprechen Ultraschallgeräte. Marder sollen mit hochfrequenten und für den Menschen unhörbaren Tönen in die Flucht geschlagen werden. Intervallschaltungen verändern die phonetische Abfolge, damit sich die Tiere nicht an die Klänge gewöhnen.
Mehr Erfolg sieht Dr. Beate Ludwig aber in Hochspannungs-Abwehrgeräten. Nach dem Weidezaun-Prinzip werden im Motorraum viele kleine Kontaktplättchen mit Kabeln verbunden. Stößt der Marder daran, erhält er einen kurzen, aber gefahrlosen Stromschlag. „Voraussetzung ist der richtige Einbau, es darf kein Schlupfloch geben, durch das der Marder die Hochspannungsabwehr umgehen kann“, warnt Ludwig. Der effektivste Schutz sei allerdings immer noch, den Pkw in einer mardersicheren Garage zu parken.
Titelfoto: Dr. Beate Ludwig