Bei der EU-Führerscheinrichtlinie glätten sich die Wogen
Um die Zahl von Verkehrstoten weiter zu senken, hat die EU-Kommission eine Überarbeitung der Führerscheinrichtlinie vorgeschlagen. Der neue EU-Führerschein soll die Verkehrssicherheit verbessern, Anforderungen harmonisieren und den grünen und digitalen Wandel in der EU fördern. In seiner Sitzung Ende Februar hat das EU-Parlament nun einen wesentlichen Kritikpunkt des ARCD aus dem Weg geräumt: die verpflichtende Gesundheitsprüfung.
Die Debatte um Fahrerlaubnis und Gesundheitschecks ist ein Knackpunkt bei der neuen EU-Führerscheinrichtlinie. Ursprünglich angedacht war, dass alle älter als 70 Jahre im Abstand von fünf Jahren verpflichtend ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen müssten, um weiter Auto zu fahren. Zwischenzeitlich kam eine Verschärfung ins Spiel, als sich Ende 2023 der Verkehrsausschuss im EU-Parlament dafür aussprach, Führerscheinbesitzer jeden Alters alle 15 Jahre zur Gesundheitsprüfung zu schicken, über 70-Jährige in kürzeren Abständen. Damit stellten sich die Abgeordneten des Ausschusses gegen den weicheren Kompromiss der EU-Verkehrsminister.
Ende Februar dann doch die Kehrtwende, als sich das Europäische Parlament gegen obligatorische ärztliche Überprüfungen aussprach. Die Abgeordneten zielten lieber auf Eigenverantwortung und legten es in die Hand der einzelnen Mitgliedsstaaten, dort individuell über ärztliche Untersuchungen zu entscheiden. Die jeweiligen Regierungen wurden aufgefordert, über nationale Sensibilisierungskampagnen das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für körperliche oder geistige Einschränkungen zu schärfen, durch die Personen beim Führen eines Kraftfahrzeugs eine Gefahr darstellen könnten.
EAC-Forderung erfüllt
Die Interessengemeinschaft EAC European Automobile Clubs und mit ihr der ARCD als deren Gründungsmitglied hatten sich im Vorfeld gegen die Pflicht zum Check gestellt. Somit begrüßt der EAC die nun gefällte Entscheidung. „Wir haben gefordert, dass die Mitgliedsstaaten individuell festlegen können, ob und welche Maßnahmen verpflichtend oder freiwillig eingeführt werden sollen, und hoffen, dass dies auch so umgesetzt wird“, erklärt EAC-Präsident Holger Küster. „Obligatorische Gesundheitschecks bedeuten vorrangig mehr Bürokratie anstatt mehr Verkehrssicherheit.“
Studien würden zeigen, dass altersbasierte Fahrtauglichkeitsüberprüfungen kein wirksames Instrument seien, um schwere Verkehrsunfälle durch ältere Autofahrende signifikant zu reduzieren. Zwar trügen ältere Autofahrende häufiger die Hauptschuld, wenn sie in Unfälle verwickelt seien. Gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung seien ältere Menschen allerdings seltener an Unfällen beteiligt und risikobewusste Verkehrsteilnehmer. Der EAC setzt demnach vor allem auf Maßnahmen wie freiwillige Auffrischungskurse, begleitende Beratung, Rückmeldefahrten und Sensibilisierungskampagnen.
Weitere Regelungen
Einen enormen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit leistet aus Sicht des EAC die europaweite Einführung des Begleiteten Fahrens. Das Begleitete Fahren gilt als Erfolgsmodell, von dem Fahranfänger durch Sammeln von Fahrpraxis stark profitieren. Wer den Führerschein der Klasse B besitzt, darf künftig Reisemobile bis zu 4,25 Tonnen Gesamtgewicht lenken. Das gilt auch für Rettungswagen und Sonderfahrzeuge. Andere Fahrzeuge sollen bis zu dieser Grenze erlaubt werden, wenn sie über alternative Antriebe verfügen. Die bisherige Grenze von 3,5 Tonnen wird vor allem bei E-Fahrzeugen aufgrund des hohen Akkugewichts unpraktikabel. Um den EU-Binnenmarkt zu unterstützen, sprachen sich die Abgeordneten für die Einführung eines digitalen Führerscheins aus, der auf einem Mobiltelefon abrufbar und dem physischen Führerschein gleichwertig ist. Vom Tisch sind ein Nachtfahrverbot für Fahranfänger, Tempolimits für bestimmte Fahrerlaubnisklassen und der „SUV-Führerschein“.
Wie es mit der EU-Führerscheinrichtlinie weitergeht, wird im sogenannten Trilog zwischen Kommission, Rat und Parlament erst nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni weiter verhandelt.
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