25.07.2024 Jessica Blank

Lichtgestalt: Die Ampel feiert Geburtstag

Heute ist sie aus unserem Straßenbild und im Sinne der Verkehrssicherheit nicht wegzudenken: die Ampel. Doch es gab eine Zeit, vor 1900, ohne Signalanlagen. Der Verkehr wurde schon damals so unübersichtlich und gefährlich, dass mit technischen Lösungen experimentiert wurde – mit wenig Erfolg. Erst am 5. August 1914 ging die erste elektrisch betriebene Verkehrsampel ans Netz. 2024 feiern wir den 110. Geburtstag mit etwas Geschichte und Kuriositäten.


Die Geburt der Ampel

Kaum war sie aufgestellt, explodierte sie auch schon: Vor dem Parlament in London sollte 1868 eine gasbetriebene Signalanlage – übrigens mit den noch heute gültigen Farben – den Verkehr zwischen Kutschern und den ersten Autofahrern regeln. Doch der weltweit erste Versuch einer Lichtzeichenanlage ging gehörig schief. Nach zahlreichen weiteren Experimenten gelang es 1914 endlich: In Cleveland, Ohio (USA), ging die erste elektrisch betriebene Verkehrsampel mit grün- und rotgefärbten Glühlampen in Betrieb.

Zehn Jahre später kam die Ampel dann nach Deutschland. Der Potsdamer Platz in Berlin galt als verkehrsreichste Kreuzung Europas. Lange Staus und schlimme Unfälle mit Fußgängerbeteiligung waren an der Tagesordnung. Dieses Chaos konnten Polizisten nicht mehr in Schach halten. Die neue Ampelanlage, deren Nachbau noch heute am Potsdamer Platz steht, regelte den Verkehr für Fußgänger und Autofahrer. Oben im acht Meter hohen Ampelturm übernahm ein Polizist die Steuerung der Signale. Die Lichtzeichenanlage im fünfeckigen Turm setzte sich durch und blieb bis 1936 in Betrieb.

 

Ein Nachbau der ersten Ampel Deutschlands steht auf dem Potsdamer Platz in Berlin: Der acht Meter hohe Ampelturm wurde 1924 in Betrieb genommen. Foto: stock.adobe.com/© jjmillan

Lichtzeichen für Fußgänger

Die erste Ampel für Fußgänger wurde 1933 in Kopenhagen installiert. In Berlin wurden 1937 verkleinerte Fahrzeugampeln mit rotem und grünem Signallicht aufgestellt. Diese waren aber noch nicht speziell für Fußgänger entwickelt. Erst 1952 gab es in New York die ersten Fußgängerampeln mit den Wörtern „Walk“ und „Don’t walk“, auch in Deutschland verwendete man vereinzelt Leuchtfelder mit „Warten“ und „Gehen“. Weltweit wurden viele verschiedene Ampelmännchen entwickelt. Eines ist immer noch eine Markenikone: das Ost-Ampelmännchen.

Ikone unter den Ampelmännchen

Heute ist das Ost-Ampelmännchen Kult. Es prangt nicht nur auf Fußgängerampeln in vielen deutschen Städten, es hat sogar eigene Fanshops. Die Form des Ampelmanns mit Hut ist nicht nur niedlich und einzigartig, sondern auch besonders verkehrssicher. Der Verkehrspsychologe Karl Peglau ist der Vater der Figur, der viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit hineinsteckte, bevor er 1961 seine Vorschläge für neue Ampelsymbole einreichte. Wichtig war ihm, dass das Männchen sympathisch ist: Mit Knollennase, Hut und Bauchansatz sollten die Menschen der Figur vertrauen. Doch die üppige Form und sogar der Hut erfüllen einen bestimmten Zweck. Denn: Mehr Fläche bedeutet mehr Sichtbarkeit und somit mehr Sicherheit. Auch die Stopp-Haltung der roten Figur mit ihren ausgebreiteten Armen bewegt die Menschen eher zum Anhalten.

 

Das Ost-Ampelmännchen ist nicht nur Kult, sondern auch besonders verkehrssicher. Die Form lässt viel Licht durch und wird so gut gesehen. Foto: stock.adobe.com/© Delphotostock

Studien haben gezeigt, dass das Ost-Ampelmännchen nicht nur eine Ikone ist, sondern bei der Signalwahrnehmung auch einen Vorteil gegenüber dem West-Ampelmännchen hat. Die in Deutschland weiter verbreiteten schmalen Piktogramme lassen viel weniger Ampellicht durch und werden so schlechter wahrgenommen.

Kuriose Ampelsymbole

Das Ost-Ampelmännchen ist nicht das einzige besondere Ampelsymbol in Deutschland. Viele Orte haben oder hatten ihre lokalen Helden oder Wunschsymbole auf den Fußgängerampeln verewigt. Hier ein paar Beispiele:

 

  • Mainzelmännchen in Mainz
  • Queere Pärchen in München
  • Bremer Stadtmusikanten in Bremen
  • Kasperle in Augsburg
  • Luther in Worms
  • Bergmann in Duisburg
  • Rattenfänger in Hameln
  • Gänseliesel in Monheim am Rhein
  • Elvis Presley in Friedberg
  • Ampelfrau

 

Im Münchner Glockenbachviertel findet man gleichgeschlechtliche Pärchen in Ampeln, die zum Christopher Street Day installiert wurden. Foto: stock.adobe.com/© anahtiris (2)
Die Mainzelmännchen des ZDF sind die Stadt-Helden von Mainz. Deswegen ist das Mainzelmännchen Det auch auf manchen Fußgängerampeln verewigt. Foto: stock.adobe.com/© bARTiko (2)

Übrigens: Laut Richtlinie für Signalanlagen (RiLSA), in der auch das Ost-Ampelmännchen aufgenommen ist, müssen Lichtsignalanlagen standardisierte Symbole aufweisen. Allerdings dürfen die Kommunen eine Ausnahme machen, wenn sie für die Verkehrssicherheit und deutliche Erkennbarkeit – auch für Menschen, die nicht gut sehen – garantieren können. Alle Wunschsymbole werden aber nicht erlaubt.

Titelfoto: stock.adobe.com/© Anna


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